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OKR-Methode einfach erklärt: Warum Google & Co. darauf schwören

Autor
Anastasia Wranek
Letzte Aktualisierung
22. Aug. 2023

Was haben Google, Intel und Netflix gemeinsam? Sie alle schwören auf eine Methode namens OKR. Doch was hat es mit diesen drei Buchstaben auf sich, wie ist die OKR-Methode aufgebaut und welche Vorteile bringt sie in der Praxis?

Wir verraten, was Sie über die OKR-Methode wissen müssen und wie Sie die Management- und Zielsetzungsmethode auch in Ihren Arbeitsalltag integrieren können.

Was ist die OKR-Methode?

OKR ist eine agile Management-Methode, die Unternehmen dabei hilft, ihre Ziele effektiver zu erreichen. Die Abkürzung steht für „Objectives and Key Results“ – also auf Deutsch „Ziele und Schlüsselergebnisse“. Blicken wir zunächst kurz auf die Geschichte und Entwicklung der Methode:

Ursprung der OKR-Methode

Intel Mitbegründer Andrew S. Grove entwickelte die OKR Methode in den 1970-er Jahren. Anschließend brachte der Investor John Doerr sie im Jahr 1999 zu Google.

Der damalige Mitbegründer von Google, Larry Page, äußerte sich wie folgt zu den OKRs:

„OKRs haben uns zum zehnfachen Wachstum verholfen – immer wieder!“

In Silicon Valley verbreitete sich die Methode wie ein Lauffeuer. Mittlerweile sind sie bei unzähligen Unternehmen und Organisationen unterschiedlicher Branchen und Größen Teil der Strategie und des Geschäftsalltags.

Anders als bei Scrum gibt es keine Institution, die ein festes OKR-Rahmenwerk anbietet. Daher kann es je nach Unternehmen und Beratungsfirma Variationen der Methode geben. So arbeiten einige Beratungsfirmen etwa mit festen Säulen und Prinzipien, die bei der Umsetzung in der Praxis helfen sollen. John Doerr fasst die Methode in einer einfachen Gleichung zusammen:

„I will (objective) as measured by (set of key results).“

Oder auf Deutsch:

„Wir werden (Ziel) erreichen, gemessen durch/ an (einer Reihe von Schlüsselergebnissen).“

„Objectives“ (Ziele) stellen das „Was?“ der Methode dar, während die „Key Results“ (Schlüsselergebnisse) für das „Wie?“ stehen. Beide Teile sind nicht als To-dos oder Aktivitäten zu sehen, sondern beschreiben gewisse Aspekte des Zielmanagements, die aufeinander abgestimmt werden sollten.

Was sind Objectives?

Bei diesem Faktor handelt es sich um die Ziele, die erreicht werden sollen. Jene haben folgende Merkmale:

  • sie sind ambitioniert formuliert (nach den Sternen greifen, „Moonshot“)

  • sie sind qualitativer Natur und enthalten keine Zahlen – können auch eine Spur abstrakt sein

  • sie beschreiben den Zielzustand

  • ihr Mehrwert ist deutlich erkennbar

Was sind Key Results?

Die Schlüsselergebnisse beschreiben konkret, wie Sie das Ziel erreichen möchten. Sie weisen folgende Merkmale auf:

  • sie sind quantitativer Natur und messbar

  • sie konkretisieren das dazugehörige Objective

  • jedem Objective sind etwa 2–5 Key Results zugeordnet

  • sie sind spezifisch, ambitioniert und ergebnisorientiert formuliert

  • die einzelnen KRs sind voneinander unabhängig

Erinnert Sie der letzte Punkt an die SMART-Formel? Tatsächlich ist die Formulierung der OKR-Methode SMART, sie geht aber noch einen Schritt weiter.

Daniel Montgomery, der Managing Director von Agile Strategies, fasst den Unterschied präzise zusammen. Laut seiner Aussage bietet SMART lediglich eine Struktur für Ziele – OKRs verfolgen hingegen das Ziel, dass ein Unternehmen mit dieser Methode eine Reihe von Zielen aufeinander abstimmen und gegenseitig verstärken kann. Es dient damit dem Zielmanagement.

Neben den bekannten Merkmalen der Struktur aus SMART bietet die Anwendung der OKR-Methode ein vollständiges Framework, das einen Zyklus durchläuft.

Der OKR-Zyklus und seine 4 Phasen

Wenn ein Unternehmen eine langfristige Vision hat, kann es diese nur erreichen, wenn es sie in eine mittelfristige Strategie umwandelt. OKRs helfen anschließend, die Strategie in messbaren Zielen Schritt für Schritt umzusetzen.

In einer schnelllebigen Welt ändern sich die Rahmenbedingungen und Anforderungen aber stetig. Was ist, wenn man sich vor einem Jahr ein Ziel gesetzt und durchgängig darauf hingearbeitet hat, das Ergebnis aber beim Erreichen nicht mehr den Anforderungen entspricht? OKR reagiert darauf mit einer gewissen Flexibilität, denn die Ziele werden im regelmäßigen Zyklus überprüft und angepasst:

OKR-Ziele müssen regelmäßig angepasst und aktualisiert werden.

Die Zykluslänge können Sie flexibel an die Bedürfnisse Ihres Unternehmens anpassen. Eine Dauer von 2–4 Monaten hat sich dabei in der Vergangenheit als optimal erwiesen. Viele Unternehmen setzen daher auf eine Laufzeit von einem Quartal und durchlaufen damit vier Zyklen in einem Jahr.

Jeder Zyklus besteht aus vier Ereignissen. Wenn Sie mit Scrum vertraut sind, werden Ihnen diese Zyklus-Ereignisse sicherlich bekannt vorkommen. Wir stellen sie kurz vor:

1

Planning

In der Planungsphase müssen Sie Ihre Ziele und Schlüsselergebnisse für den OKR-Zeitraum festlegen. Eine transparente Kommunikation der Ziele ist die Grundvoraussetzung, damit alle Teams und Abteilungen sie verinnerlichen können. Wenn mehrere Teams parallel arbeiten, sollten daher Treffen arrangiert werden. Sie können die Ziele dadurch besser aufeinander und auf die Unternehmensstrategie ausrichten.

Dabei gilt: Die OKR-Methode ist in der Regel nicht auf ein einzelnes Team beschränkt, sondern wird vom gesamten Unternehmen verwendet. Somit sollte jede Ebene, angefangen vom Management hin zum einzelnen Mitarbeiter, OKRs formulieren.

Eine Faustformel besagt, dass 40 % der Ziele im Top-Down Prozess durch das Management entstehen, während 60 % der Ziele im Bottom-Up Prozess von den Mitarbeitern kommen. Hier können Sie aber ganz flexibel bleiben: OKRs auf Mitarbeiterebene ergeben keinen Sinn in Ihrer Organisation? Dann konzentrieren Sie sich auf die anderen Ebenen.

Jede Ebene sollte 2–5 Objectives festsetzen und jeweils 2–5 dazugehörige Key Results formulieren.

Achtung: Die KR müssen unbedingt unabhängig voneinander sein und sollten sich nicht gegenseitig beeinflussen.

OKR-Ziele sollten aus dem gesamten Unternehmen stammen.

Das Ergebnis? Alle Ziele, die im Unternehmen formuliert werden, wirken gemeinsam auf die Strategie und damit auf die Vision ein.

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Weekly

Nach der Planungsphase beginnen die Teams damit, daran zu arbeiten, die definierten Ziele zu erreichen. Das Weekly ist dabei wie das Daily im Scrum. Allerdings prüft man den Fortschritt zur Zielerreichung nicht jeden Tag, sondern in selbst definierten Zeitabständen.

Eine Empfehlung gibt es aber auch hier: Als optimal hat sich mindestens eine wöchentliche Abstimmung zu den OKRs erwiesen.

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Review

Bei der Review zum Ende des Zyklus präsentieren die Teams die erreichten Ergebnisse und ihre Scores. Ein Score gibt an, inwieweit Sie das festgelegte Key Result erreicht haben. Etabliert hat sich eine Einschätzung in Prozent, sodass jedes Team die KR von 0 bis 100 % bewerten kann.

Hier zeigt sich, ob die Ziele – wie empfohlen – ambitioniert waren. Hier sind nämlich keine 100 % erstrebenswert, ganz im Gegenteil: Die volle Punktzahl würde bedeuten, dass sich ein Team zu niedrige Ziele gesetzt hat. Google prägte dazu den bekannten Spruch: „70 ist das neue 100.“

Nichts anderes zeigt die Bewertung durch OKR-Experten. Sie betrachten eine Zielerreichung zwischen 60 und 80 % als erstrebenswert. Oftmals wird auch eine OKR-Ampel eingesetzt, um den Grad der Zielerreichung zu visualisieren:

  • Grün: 70–100 % – das Team hat die gesetzten Ziele erreicht

  • Gelb: 40–60 % – das Team hat das Ziel verfehlt, jedoch einige Fortschritte erzielt

  • Rot: 0–30 % – das Team kann keine wesentlichen Fortschritte vorweisen

4

Retrospektive

In den Retrospektiven werden die Erkenntnisse aus allen Phasen zusammengefasst und diskutiert. Es ist eine Art Rückblick: Das Team nimmt die Zusammenarbeit unter die Lupe und überprüft den Umgang mit den OKRs sowie der Methode.

Mögliche Fragen lauten: 

  • In welchen Bereichen waren wir erfolgreich, und warum?

  • Wo haben wir uns verzettelt oder falsche Prioritäten gesetzt?

  • Was möchten wir nächstes Mal anders machen, was beibehalten?

Diese Retro ähnelt der Retrospektive im Scrum. Einige Tipps aus unserem Artikel zum Thema lassen sich daher auch auf die Arbeit mit OKR übertragen:

Aus den Erkenntnissen heraus legt das Team einen Plan für die nächste Zielerreichung fest. Dann ist der Zyklus am Ende und es kann von vorn losgehen. Ins nächste Planning fließen die Erkenntnisse des letzten OKR-Zyklus mit ein und das Team kann die Ziele entsprechend ändern oder anpassen.

Vor- und Nachteile der OKR Methode

Die OKR Methode kann Unternehmen einen großen Nutzen bringen, aber auch gewisse Herausforderungen und Nachteile bergen.

  • Zielfokus
    Der Fokus der OKR-Methode liegt auf den Zielen von Teams und Unternehmen. Es ist eine bessere Ausrichtung auf die Gesamtstrategie des Unternehmens möglich.

  • Stärkeres Verständnis
    Die OKR-Methode kann das Verständnis der Rolle jedes Teams und Mitarbeitenden verbessern.

  • Messbare Ergebnisse
    Die Ergebnisse sind konkret und messbar.

  • Motivation
    Ambitionierten Ziele können das Engagement und die Motivation von Teams und Mitarbeitenden steigern.

  • Mehr Transparenz
    Weil Mitarbeitende die unternehmensweiten Ziele kennen, steigt die Transparenz im Unternehmen.

  • Keine Stagnation
    Das Risiko, dass Ziele verfehlt werden, sinkt.

  • Flexibilität
    Die OKR-Methode lässt sich flexibel an die Bedürfnisse und Eigenheiten jedes Unternehmens anpassen. OKRs lassen sich nahezu in jedem Projekt/ Umfeld einsetzen.

  • Mögliche Demotivation
    Sie müssen Ziele mit Bedacht wählen: Wenn sie zu uninspiriert – oder aber auch zu ambitioniert – sind, kann die Motivation der Mitarbeitenden sinken.

  • Arbeitsaufwand
    Die Erstellung und Umsetzung der Ziele sind mit viel Arbeit verbunden. Darüber hinaus ist zeitaufwendiges Monitoring erforderlich.

  • Keine Blaupause
    Im Gegensatz zu anderen agilen Methoden gibt es für OKR keine einheitliche Anleitung oder Umsetzung auf dem Markt.

Die OKR Methode in der Praxis

Wenn Sie die OKR Methode in Ihrem Unternehmen einführen möchten, sollten Sie zunächst mit einem Workshop starten. Zumindest das Top-Management sowie alle Abteilungsleiter sollten daran teilnehmen, um gemeinsam eine Strategie für die Umsetzung festzulegen und ein erstes Verständnis aufzubauen.

Anschließend gilt es, alle Mitarbeiter zu schulen und das Formulieren von OKRs zu üben. Schließlich können nur korrekt formulierte OKRs dazu führen, Ziele zu erreichen.

Ein Beispiel für ein gut formuliertes OKR:

Beispiel

Erklärung

Objective

Wir begeistern unsere Kunden durch unseren Website-Auftritt.

Das Objective ist abstrakt formuliert und beschreibt einen Zielzustand, dessen Mehrwert erkennbar ist.

Key Results

KR 1: Wir erhöhen die Ladegeschwindigkeit um 20 %.

KR 2: Wir steigern die Anzahl der Website-Besucher um 200.000 pro Monat.

Die KRs sind voneinander unabhängig, ambitioniert und messbar.

Sie benötigen weitere Beispiele und möchten erfahren, was gute vom schlechten OKRs unterscheidet? Wir haben einige OKR-Beispiele für Sie zusammengestellt.

Befindet sich bereits ein OKR-Experte in Ihren eigenen Reihen? Dann kann eine Umsetzung auch ohne Hilfe von außen klappen. Falls nicht, ist es ratsam, Unterstützung anzufordern – vor allem, wenn Sie die Methode bereichsübergreifend einsetzen. Denn obwohl sich die Methode simpel anhört, kann sich die Umsetzung in der Praxis schwieriger gestalten als erwartet.

Erfolgsfaktoren für die Umsetzung

Die OKR-Methode ist sehr anpassungsfähig und daher für jede Art Unternehmen geeignet. Folgende Faktoren sind dabei fast immer wichtig:

  • Kommunikation: Sie wollen einen gemeinsamen Weg finden? Dann kommen Sie um eine klare sowie offene Kommunikation nicht umhin. Dazu gehören regelmäßige Abstimmungen und Feedbackrunden sowie die Integration von Mitarbeitern in Entscheidungen.

  • Verantwortung: Alle Beteiligten sollten sich für den Erfolg der OKRs verantwortlich fühlen. Es ist vorteilhaft, wenn sich jeder Mitarbeiter mit seiner Rolle identifizieren kann. Zudem sollte jedes Team die Möglichkeit bekommen, eigene Ideen konstruktiv einzubringen.

  • Transparenz: Alle Beteiligten sollten die Ziele und deren Erreichung möglichst gut nachvollziehen und verstehen können. Machen Sie die OKRs auch anderen Teams zugänglich, damit ein Austausch entstehen kann.

  • Flexibilität: Denken Sie daran, dass die OKRs nicht in Stein gemeißelt sind. Die Rahmenbedingungen oder Anforderungen ändern sich? Behalten Sie sich die Flexibilität vor und passen Sie die Ziele zum nächsten Zyklus an.

  • Feedback: Um Erfolg und Misserfolg frühzeitig erkennen zu können, ist es notwendig, regelmäßiges Feedback einzuholen und zu geben. Nur wenn eine Kultur des Lernens und der Weiterentwicklung vorliegt, können Sie langfristig Erfolge sicherstellen.

Fazit

Kennen Sie ein Unternehmen ohne Ziele? Wohl kaum. Doch nicht immer fällt es leicht, Ziele festzulegen, in den Fokus zu rücken und umzusetzen. Die OKR-Methode ist ein agiles Framework, das Unternehmen dabei hilft, Ziele fokussiert anzugehen und Resultate messbar zu machen.

Damit dies gelingt, sind jedoch die richtigen Rahmenbedingungen unabdingbar: Transparenz, eine offene Kommunikation und Flexibilität sind nur einige der entscheidenden Erfolgsfaktoren. Wer auf Googles Erfolgsmethode setzen möchte, kann sich am OKR-Zyklus orientieren oder professionelle Hilfe bei der Umsetzung in Anspruch nehmen.

Häufig gestellte Fragen

Was ist die OKR-Methode?

Bei OKR handelt es sich um eine Zielmanagementmethode, deren Abkürzung für „Objectives and Key Results“ (also „Ziele und Schlüsselergebnisse“) steht. Sie ermöglicht es Unternehmen, sich langfristige Ziele zu setzen und deren Erreichung in kurzfristigen Zyklen agil zu überprüfen.

Für welche Unternehmen eignet sich die OKR Methode?

Sie können die Methode sowohl in großen als auch in kleinen Unternehmen einsetzen. Das Framework lässt sich optimal an die Bedürfnisse unterschiedlicher Branchen und Unternehmen anpassen und ist in so gut wie allen Bereichen einsetzbar, von HR bis Projektmanagement.

Welche Erfolgsfaktoren liegen OKR zugrunde?

Damit die Methode in der Praxis funktioniert, sind Transparenz, Kommunikation, Verantwortung, Flexibilität und eine gesunde Feedbackkultur notwendig. Ein Unternehmen, das mit der Methode arbeiten möchte, sollte die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen, um diese Faktoren zu fördern.

Anastasia Wranek hat Wirtschaftspsychologie studiert und mehrere Jahre als Projekt und Prozessmanagerin gearbeitet. Ihre Spezialgebiete liegen in der Organisations- und Personalentwicklung sowie im IT-Projektmanagement. Als freiberufliche Autorin schreibt sie hauptsächlich über die Themen Projektmanagement, Agilität und New Work.
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