Projektmanagement Methoden

Guide: Agiles Projektmanagement mit Kanban

Autor
Manuela Lenz
Letzte Aktualisierung
5. Feb. 2021

Kanban ist eine agile Projektmanagement-Methode, die den Beteiligten eine weitestgehend autonome Arbeitsorganisation ermöglicht und verschiedene Praktiken zu einer transparenten und effizienten Informationsübermittlung bereitstellt. Komplexe Prozesse und Projekte werden mittels Kanban in mehrere Arbeitsschritte aufgeteilt und durch ein sehr überschaubares Regelwerk gesteuert.

In diesem Guide erfahren Sie, wie Kanban entstanden ist, wie agiles Projektmanagement mit der Methode funktioniert und auf welchen Grundprinzipien sie basiert.

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Was ist Kanban und wie ist es entstanden?

Bei Kanban (japanisch für „Schild“, „Visuelles Zeichen“) handelt es sich um eine agile Methode, mit der evolutionäres Change-Management ermöglicht wird. Es wurde ursprünglich für die Fertigung und Produktion entwickelt, findet in den letzten Jahren aber auch zunehmend Anklang in der Softwareentwicklung und im Dienstleistungssektor.

Als Begründer des ursprünglichen Kanban-Systems gilt der Japaner Taiichi Ōno, der Ende der 1940er Jahre die „Just-in-Time-Produktion“ beim Automobilhersteller Toyota entwickelte und dessen Ideen auch das Kaizen-Konzept entstammt. Ziel war es, durch effiziente und flexible Fertigungsmethoden die gestiegenen Kundenerwartungen hinsichtlich Produktionsgeschwindigkeit und Lieferbereitschaft zu erfüllen und dabei gleichzeitig die Kosten zu minimieren. Die eigentliche Produktion sollte davon aber unberührt bleiben.

In den folgenden Jahren adaptierten zahlreiche japanische Unternehmen das Konzept, das in den 1970igern schließlich auch nach Deutschland und in die USA überschwappte. Ab 2004 entwickelte der ehemalige Microsoft-Manager David J. Anderson das Gesamtkonzept für Kanban in der IT und stellte es 2007 erstmals der Öffentlichkeit vor.

Der Ansatz von Kanban basiert dabei auf einem Pull-System, das bedeutet, dass die Produktion an der Nachfrage des Kunden ausgerichtet ist und, im Gegensatz zu den Push-Systemen, nicht auf eine bestimmte Menge festgelegt wird. Dadurch lassen sich Verluste ohne Beeinträchtigung der Produktivität minimieren.

Die Prinzipien und Praktiken von Kanban

In seinem Konzept sieht David J. Anderson die Kanban-Methode als Ansatz für eine inkrementell-evolutionäre Veränderung der Prozesse und Systeme innerhalb eines Unternehmens, der seinen Fokus auf die Erledigung von Aufgaben legt. Um die Vorteile von Kanban auf bestmögliche Art und Weise auszuschöpfen, teilte er die Grundlagen der Methode in vier Prinzipien und sechs Praktiken ein:

Die vier Grundprinzipien von Kanban

Mit Hilfe der vier Change-Management-Prinzipien werden die Kanban die Aspekte des menschlichen Verhaltens anerkannt:

1.

Prinzip: Beginnen Sie dem, was Sie gerade tun.

Für die Einführung von Kanban sind zwar keine umfassenden Veränderungen oder bestimmte notwendig, dennoch ist es sehr wichtig, dass Sie die aktuellen Prozesse verstehen.

2.

Prinzip: Verfolgen Sie inkrementelle, evolutionäre Veränderungen.

Ein wesentlicher Bestandteil von Kanban ist die Veränderung, die sich evolutionär aus der eigenen Organisation heraus entfalten und auf allen Ebenen angestrebt werden soll. Dabei werden aber allzu umfassenden Änderungen als potenzielle Auslöser von Unsicherheit oder sogar Angst vermieden, und auf diese Weise mögliche Widerstände verringert. Ausgehend von der aktuellen Situation werden Basiswerte für die Effektivität und Leistung bestimmt, anhand derer die zukünftigen Veränderungen gemessen werden können.

Größerer Unternehmen bestehen in den meisten Fällen aus einem verzweigten Netzwerk verschiedenster, voneinander abhängigen Dienstleistungen, für die es in Kanban drei spezielle Service-Delivery-Prinzipien gibt. Der Fokus liegt dabei, wie der Name schon vermuten lässt, auf der Kunden- und Serviceorientierung:

  • 1.

    Fokussieren Sie sich auf die Bedürfnisse und Erwartungen des Kunden.

  • 2.

    Verwalten Sie die Arbeit und lassen Sie den Menschen den Raum, sich selbst zu organisieren.

  • 3.

    Entwickeln Sie Richtlinien zur Verbesserung der Kunden- und Geschäftsergebnisse.

3.

Prinzip: Berücksichtigen Sie aktuelle Rollen, Prozesse und Verantwortlichkeiten.

Kanban bezieht auch die Werte bereits vorhandener Prozesse, Verantwortlichkeiten und Titel mit ein und zieht auch deren mögliche Beibehaltung in Betracht. Auf diese Weise wird die inkrementelle Veränderung zwar gefördert, sie ist aber nicht zwingend vorgeschrieben.

Indem Sie alle beteiligten Personen respektieren und in die Entscheidungsfindung miteinbeziehen, verringern Sie auch den Widerstand gegen Veränderungen. Denn all diejenigen, die nicht mit den bestehenden Prozessen arbeiten können deren Vor- und Nachteile meist gar nicht richtig einschätzen.

4.

Prinzip: Fördern Sie die Führung auf allen Ebenen der Organisation.

Das neuste der vier Prinzipien sieht nicht nur die Führungsebene, sondern alle Beteiligten in der Pflicht, eine kontinuierliche Verbesserung anzustreben. Nachweisliche Führungsqualitäten resultieren dabei häufig auch aus Situationen und Maßnahmen aus der alltäglichen Praxis der Beteiligten.

Die sechs Praktiken von Kanban

Neben den vier Grundprinzipien gibt es in Kanban auch noch sechs Praktiken, die laut David J. Anderson von den Unternehmen in ihre Arbeitsweise integriert werden sollen:

  • 1.

    Visualisierung des Workflows: Es muss gewährleistet sein, dass immer alle Aufgaben in Bearbeitung sind und der Arbeitsfluss stetig am Laufen ist. Dazu werden die Prozessschritte gut sichtbar für alle Beteiligten auf dem Kanban-Board dargestellt und durchwandern im weiteren Projektverlauf die Spalten von links nach rechts.

  • 2.

    Begrenzung der Arbeitsmenge: Der WIP („Work in Progress“) wird limitiert. Das bedeutet, dass nur eine bestimmte Menge Aufgaben („Tickets“) parallel an einer Station bearbeitet werden darf. So wird sichergestellt, dass nicht zu viele Aufgaben auf einmal begonnen werden und der Fokus klar auf das Ergebnis gerichtet.

  • 3.

    Definition klarer Regeln: Die Regeln des Prozesses müssen explizit gemacht werden. Das bedeutet, dass alle Beteiligten wissen, unter welchen Gesetzmäßigkeiten und Annahmen sie arbeiten. Darunter fallen beispielsweise die Definition des Status „Done“ oder die Bedeutung der einzelnen Spalten des Kanban-Boards.

  • 4.

    Förderung des Leadership: Kanban funktioniert nur dann, wenn alle Mitarbeiter Verantwortung übernehmen und sich aktiv für die Verbesserung von Prozessen und Abläufen einsetzen.

  • 5.

    Verwendung von Modellen: Modelle können dabei helfen, den Prozess besser zu verstehen und effizientere Lösungen zu finden.

  • 6.

    Kontinuierliche Verbesserung: Alle Kanban-Prozesse sollten einer regelmäßigen Analyse unterzogen werden, um typische Größen wie z.B. Durchsatz, Zyklus oder die Längen von Warteschlangen bei Bedarf zu korrigieren, und so die Effizienz der Arbeitsweise nachhaltig zu verbessern.

So funktioniert das Projektmanagement mit Kanban

Kanban basiert auf einem sogenannten evolutionären Change-Management, bei dem der Workflow fortlaufend in kleinen Schritten („evolutionär“) verbessert wird. Dadurch wird das Risiko der einzelnen Maßnahmen reduziert, da an Stelle einer großen Änderung viele kleinere durchgeführt werden.

1.

Das Kanban-Board

Zentrales Element des Projektmanagements mit Kanban ist das Kanban-Board. Es dient in erster Linie zur Visualisierung des Arbeitsflusses sowie des bestehenden Prozesses und eventuell darin auftretender Probleme. Dabei kann es sich entweder um ein analoges Board (z.B. ein Whiteboard) oder eine Software handeln. In vielen Unternehmen werden inzwischen aber auch beide Varianten kombiniert.

Auf dem Board Karteikarten oder Haftnotizen angebracht, von denen jede für eine Aufgabe steht. Das klassische Kanban-Board wird in drei Spalten eingeteilt:

  • Ausstehende Aufgaben landen in der ToDo- oder Backlog-Spalte (links).

  • Befindet sich die Aufgabe in Bearbeitung, wandert sie in die mittlere Spalte (In Progress/Doing).

  • Abgeschlossene Aufgaben befinden sich in der Spalte Done (rechts).

Die Karten bzw. Aufgaben wandern also im Laufe Ihrer Fertigstellung auf dem Board von links nach rechts.

Gut zu wissen:

In großen Produktionsprozessen reichen drei Spalten oft nicht aus, um den Ablauf komplett zu erfassen. In diesen Fällen kann das Board flexibel auf vier, fünf oder mehr Spalten erweitert werden.

2.

Classes of Service

In einem Kanban-System wird allen Aufgaben die gleiche Priorität zugeordnet. Um diese dennoch hinsichtlich der Auswirkungen (z.B. auf die Geschäftsfähigkeit des Unternehmens), möglichen Risiken und entstehenden Kosten zu bewerten, werden Serviceklassen („Class of Services“) eingesetzt, die wiederum die Basis für Service Level Agreements (SLAs) darstellen.

Um den einzelnen Serviceklassen zuzuordnen erfolgt dabei häufig nach dem Prinzip des „Costs of Delay“, das neben den Entwicklungskosten auch die Kosten für eine verspätete Fertigstellung oder eine verzögerte Markteinführung berücksichtigt.

In Kanban werden vier verschiedene Service-Klassen definiert:

  • Beschleunigt („Expedite“): Darunter fallen alle Arbeiten, die unmittelbar sehr hohe Kosten verursachen (z.B. Ausfall einer Druckmaschine bei einer Zeitung). Diese werden mit höchster Priorität bearbeitet und dürfen kurzzeitig auch den Work in Progress (WIP) überschreiten.

  • Fester Termin („Fixed Date“) umfasst alle Aufgaben, die termingerecht erledigt werden müssen und bei einer Nichteinhaltung hohe Kosten verursachen würden (z.B. Lizenzgebühren oder notwendige Anpassungen hinsichtlich des Datenschutzes).

  • Unter Standard („Standard“) werden alle Arbeiten des Daily Business eingruppiert.

  • Als Unbestimmbare Kosten („Intangible“) gelten alle Tätigkeiten, die aktuell zwar eine untergeordnete Rolle spielen, in der Zukunft aber bedeutende Auswirkungen haben können (z.B. neue Software-Versionen).

Die Serviceklassen können in jeder Organisation individuell gestaltet werden, da sie überwiegend auf Schätzungen und historischen Daten beruhen. Über die Anzahl der Tickets pro Serviceklasse lässt sich zudem die Zuteilung der einzelnen Arbeiten regulieren (z.B. indem festgelegt wird, dass maximal fünf Prozent der Tickets den Status „Fixed Date“ oder „Expedite“ haben dürfen).  

Kanban im Unternehmen – Flight Levels

Kanban und seine Kernkompetenzen sind sehr breit und flexibel formuliert, daher ist es schwierig genau zu definieren, wo und wie die Methode im Unternehmenskontext eingesetzt werden kann. Zu diesem Zweck entwickelte der Informatiker und Kanban-Pionier Dr. Klaus Leopold das sogenannte Flight Level Modell, das das Potential von Kanban aufgezeigt eine Orientierungshilfe bietet, wo Kanban im Unternehmen eingesetzt werden kann.

Darin wird zwischen vier Flight Levels unterschieden:

1.

Flight Level: Kanban für Teams mit unreguliertem Systemzufluss

Flight Level 1 ist der operativen Ebene vorbehalten, also den Mitarbeitern, die die tägliche Arbeit erledigen. Dabei kann es sich beispielsweise um eine cross-funktionales Spezialisten-Team handeln, das gemeinsam an einem Teilbereich des Gesamtsystems arbeitet (z.B. das Antriebssystem eines Kraftfahrzeuges). In der IT findet man auf Ebene eins der Flight Levels vor allem Software-Entwickler, Designer, Analysten und Tester, die zusammen ein Inkrement des Gesamt-Produktes entwickeln.

Innerhalb des Teams lässt sich der Prozess auf diese Weise kontinuierlich verbessern, in Hinsicht auf das Gesamtsystem ist die Effektivität allerdings limitiert und kann im schlimmsten Fall sogar zu einer Suboptimierung des Gesamtsystems führen.

2.

Flight Level: Kanban für Teams mit koordiniertem Systemzufluss

Auf Ebene 2 der Flight Levels wird die Interaktion zwischen den Teams optimiert. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf einer kontinuierlichen Verbesserung des Arbeitsprozesses über die Teamgrenzen hinweg. Durch die Regulierung des Systemzuflusses wird sichergestellt, dass jedes Team nur soviel Arbeit erhält, wie es auch bewältigen kann. Der Flight Level 2 koordiniert demnach die Arbeit mehrerer Teams, von denen jedes bestimmte Leistungen innerhalb der Wertschöpfungskette erbringt. Auf diese Weise verringern sich sie Wartezeiten an den Schnittstellen, Engpässe werden frühzeitig sichtbar und die Gesamteffizienz des Prozesses steigt.

3.

Flight Level: Kanban für die Zusammenarbeit und Wertschöpfungskette

In Flight Level 3 dreht sich alle um die Optimierung der Teamzusammenarbeit und die übergreifenden Wertschöpfung. Auf dieser Ebene wird Kanban für mehrere Abteilungen oder Teams innerhalb der Gesamtorganisation sichtbar gemacht. Im Mittelpunkt stehen dabei nicht mehr die Einzelprojekte, sondern das Gesamtergebnis der beteiligten Organisation(en). Aus diesem Grund handelt es sich auf dieser Ebene auch nicht mehr um „kleine“ Aufgaben, sondern umfangreiche Arbeitseinheiten, wie beispielsweise die Markteinführung eines Produktes im Ausland oder den Rückbau einer Business-Sparte. Das erfordert zum einen ein genaues Abwägen der Möglichkeiten und des tatsächlichen Bedarfs, sondern auch einen Überblick über die Projekte und strategischen Initiativen innerhalb des Unternehmens.

4.

Flight Level: Kanban für das Portfolio

Auf Flight Level 4 wird das Portfolio eines Unternehmens zusammen mit Kanban verwendet, um mehrere Produkte und Projekte zu managen und die Werte-Ströme zu optimieren. In großen Unternehmen gibt es meistens mehrere parallel verlaufende Wertschöpfungsketten mit jeweils einem eigenen Koordinations-Board (das bei Bedarf auch hierarchisch aufgebaut sein kann). Ebene 4 ist damit nahe bei der Unternehmens- und Geschäftsstrategie angesiedelt und schafft insgesamt ein besseres Verständnis darüber, wie sich Möglichkeiten und Bedarf ausbalancieren lassen und wie ein potenzielles Risikomanagement dazu aussehen müsste.

Fazit

Kanban ist eine sehr einfache, aber dennoch effektive Methode, um Prozessabläufe und das Taskmanagement zu verbessern. Die Teams bewahren durch die Visualisierung leichter den Überblick über Ihre Arbeit und die zu erreichenden Ziele. Mit Hilfe das Kanban-Boards werden alle Beteiligten über den aktuellen Status des Projekts informiert und können bei Problemen oder Hindernissen zeitnah gegensteuern. Das Kanban-System folgt nur wenigen festen Regeln, dadurch eignet es sich besonders gut für den Einstieg in das agile Projektmanagement. Gleichzeitig stellt es aber auch hohe Anforderungen an die Selbstorganisation der einzelnen Teams.

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Manuela Lenz ist ausgebildete Fachinformatikerin und war 20 Jahre lang als System-Administratorin und Projektmanagerin für große Unternehmen tätig. Seit 2017 ist die ITlerin aus Leidenschaft als freie Autorin selbständig. Für EXPERTE.de schreibt sie rund um die Themen Projektmanagement, Software und IT-Security.
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