Projektmanagement

Burndown-Chart: Definition, Anleitung und Vorteile

Letzte Aktualisierung
11. Juli 2022

Die offenen To-dos „abbrennen“, um schnell ans Ziel zu kommen: Genau darum geht es beim Burndown-Chart. Die Methode kommt aus dem agilen Projektmanagement und beweist, dass agile Projekte alles andere als unstrukturiert sind. Sie unterstützt Teams dabei, ihre Aufgaben und den verbleibenden Aufwand auf dem Schirm zu behalten – das ist aber noch nicht alles.

In diesem Artikel erfahren Sie, worum es sich bei einem Burndown-Chart handelt, wie es Sie in der Praxis unterstützen kann und was Sie bei seiner Erstellung beachten müssen.

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Burndown-Chart: Definition

Beim Burndown-Chart (manchmal auch als Burndown-Diagramm bezeichnet) handelt es sich um eine Visualisierung des Arbeitsaufwandes innerhalb eines Projekts und der dafür verbleibenden Zeit. Umgekehrt lässt sich auf dem Chart ablesen, wie viel Arbeit das Team seit Beginn des Projekts geleistet hat.

Mithilfe dieser Visualisierung können Teams abschätzen, ob sie die geplante Arbeit in der noch zur Verfügung stehenden Zeit abschließen können. Das agile Framework Scrum empfiehlt den Einsatz eines Burndown-Charts als Kontrollmechanismus für das Team.

Es gibt zwei Arten von Burndown-Charts:

Sprint-Burndown-Chart

Wenn jemand von einem Burndown-Chart spricht, ist in der Regel das Sprint-Burndown-Chart gemeint, das manchmal auch als Release-Burndown-Chart bezeichnet wird. Entwickler und Teams setzen es ein, um die Aufgaben des Sprints zu visualisieren.

So ungefähr sieht ein Burn-Down-Chart in der Praxis aus.

Aus dem Diagramm lassen sich folgende Informationen ablesen:

  • 1.

    Zeit: Auf der Zeitachse ist der Sprintverlauf in Tagen dargestellt, die gesamte Achse ergibt die Sprintdauer.

  • 2.

    Restaufwand: Der Restaufwand des Sprints findet sich auf dieser y-Achse. Er lässt sich in Personentagen (PT), in Arbeitsstunden oder in Storypoints darstellen und zeigt die Arbeit, die noch vor dem Team liegt. Storypoints sind eine Maßeinheit, mit welchem ein Team beispielsweise in Scrum den Arbeitsaufwand, genauer gesagt den Entwicklungsaufwand, einschätzt. Es handelt sich um Schätzwerte, welche die Komplexität einer Aufgabe auf Grundlage der Fibonacci-Reihenfolge beurteilen und in Verhältnis zu einer Referenzstory setzen.

  • 3.

    Sprintstart: Dieser Punkt liegt bei Tag null, stellt den Auftakt des Sprints dar und zeigt den vollständigen Aufwand, welcher für diesen Sprint vorgesehen ist.

  • 4.

    Sprintende: Dieser Punkt markiert das Ende des Sprints. Das Sprintende ist zugleich der Zeitpunkt, an welchem der Restaufwand den Wert null erreicht.

  • 5.

    Soll-Verlauf: Diese Linie stellt die idealtypische Annahme dar, dass ein Team die Arbeit gleichmäßig abarbeitet, der Restaufwand also gleichmäßig sinkt. In der Praxis werden Sie eine solche Linie jedoch selten finden.

  • 6.

    Ist-Verlauf: Der tatsächliche Verlauf ist dieser Linie abzulesen. Die Linie kann treppenförmig sein oder fließend verlaufen – was dies bedeutet, erklären wir in einem späteren Abschnitt. Das wichtigste: An dieser Linie lässt sich ablesen, wie hoch der Restaufwand zum jeweiligen Zeitpunkt ist.

Epic-Burndown-Chart

Dieses Chart stellt den Teamfortschritt auf Basis der sogenannten Epics dar. Bei einem Epic handelt es sich um eine Projektanforderung, die zu groß ist, um in einem einzigen Sprint erledigt zu werden. Epics werden daher in mehrere kleinere User Stories (kurz: Stories oder Story) zerlegt, die dann in mehreren Sprints zu bearbeiten sind.

Durch das Chart lässt sich erkennen, wie schnell ein Team Epics abarbeitet, wie viele Aufgaben eines Epics bereits erledigt sind und welche offenen Aufgaben noch ausstehen. Außerdem lässt sich prognostizieren, wann das Team ein Epic voraussichtlich fertigstellen wird. Dieses Diagramm ist speziell auf agile Teams ausgerichtet, die in Sprints arbeiten, und zeigt diesen die Epics im Sprintverlauf an.

Beim Epic-Burndown-Chart handelt es sich um eine recht spezielle Visualisierung. Im weiteren Artikel beziehen wir uns daher auf das Sprint-Burndown-Chart.

Burndown-Chart in der Praxis

Ein Team zieht das Burndown-Chart heran, um die Übersicht über alle anstehenden Aufgaben zu behalten und einzuschätzen, wie die Arbeit dazu voranschreitet. Durch die tägliche Aktualisierung bleiben alle Teammitglieder stets auf dem gleichen Stand.

Einsatzmöglichkeiten

Das Burndown-Chart lässt sich in allen agilen Projekten einsetzen, am häufigsten wird es jedoch in Verbindung mit Scrum genutzt. Als Projekt-Chart kann es Zeiträume, Meilensteine und den entsprechenden Aufwand visualisieren. Es lassen sich auch außerhalb von Scrum unterschiedliche Zeiträume abbilden, allerdings ist es nicht üblich, dieses ein Burndown-Chart für Langzeitplanungen einzusetzen.

Neben der Sprint- und Epic-Darstellung ist auch eine Abbildung des Product-Backlogs möglich.

Durch die transparente Visualisierung eignet sich das Burndown-Chart für die Steuerung und die Kontrolle des Sprints. So lässt sich früh erkennen, ob ein Team das Sprintziel erreichen kann oder ob es ein Hindernis gibt, welches es zeitnah beseitigen muss.

Des Weiteren gewährt das Diagramm einen Einblick in die Produktivität eines Teams. So lässt sich beispielsweise erkennen, ob ein Team über- oder unterlastet ist und wie schnell es anstehende Arbeiten erledigt. Dies lässt sich über die sogenannte Velocity ausdrücken. Sie misst die Arbeitsmenge, welche ein Team innerhalb eines Sprints schaffen kann, und sagt damit auch etwas über dessen Geschwindigkeit aus.

Damit das Team jedoch von den Einsatzmöglichkeiten profitiert, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein.

Voraussetzungen für den Einsatz

Um ein Burndown-Chart zu generieren, müssen zunächst natürlich entsprechende Daten über den Projektfortschritt verfügbar sein. Nach seiner Erstellung gibt es ebenfalls Faktoren zu berücksichtigen:

  • Das Team muss ein gemeinsames Verständnis für das Chart entwickeln

  • Teammitglieder müssen das Chart regelmäßig aktualisieren, da seine Aussagekraft sonst sinkt

  • Die Aufgaben im Backlog müssen schätzbar sein, wenn Epics bereits in User Stories zerlegt wurden, lassen sich diese nochmals in kleinere Aufgaben, sogenannte Tasks, aufspalten.

  • Der Restaufwand einer Aufgabe ist täglich neu einzuschätzen, dabei spielt der bis dahin erbrachte Aufwand keine Rolle

Wenn Sie diese Voraussetzungen erfüllen und es pflegen können, steht dem Einsatz des Burndown-Charts, nichts mehr im Weg.

Anleitung: Burndown-Chart in 5 Schritten erstellen

Für die Erstellung eines Burndown-Charts gibt es zahlreiche Excel-Vorlagen und diverse weitere Tools, die Sie im Projektmanagement heranziehen können.

Egal für welche Möglichkeit Sie sich am Ende entscheiden, folgende Schritte sollten Sie bei der Erstellung des Diagramms beachten:

Schritt 1: Festlegen eines Zeitrahmens

In Scrum sind die Sprintlängen festgelegt. Falls Sie das Burndown-Chart in einem anderen Projekt nutzen, sollten Sie vorerst den passenden Zeitrahmen definieren. Wann soll das Projekt oder der Sprint enden – oder anders gefragt: bis wann soll das Team alle Aufgaben abarbeiten?

Schritt 2: Schätzung der User Stories

Indem Sie User Stories mithilfe von Storypoints, Personentagen oder Arbeitsstunden schätzen, können Sie deren Aufwand ermitteln. Der Aufwand liegt auf der y-Achse des Diagramms und zeigt zu Beginn den Gesamtaufwand des Sprints. User Stories, welche zum Schätzen zu groß sind, muss das Team vorher in kleinere schätzbare Tasks herunterbrechen.

Schritt 3: Festlegen eines Sprintziels

Nun können Sie ein Ziel für den Sprint festlegen. Wie viele Stories soll das Team abarbeiten? Diese stellen dann den Restaufwand dar, mit dem der Sprint beginnt. Als Referenz lässt sich hier die Team-Velocity heranziehen, die viel darüber aussagt, wie leistungsfähig das Team ist.

Liegt diese noch nicht vor, kann ein Gespräch mit anderen Teams helfen, um den richtigen Aufwand einzuschätzen, welcher das Team weder über- noch unterlastet.

Schritt 4: Übertragen der Daten in ein System oder Vorlage

Um das Diagramm mit Leben zu füllen, müssen Sie nun die gesetzten Rahmenbedingungen übertragen. Während dies bei Vorlagen einen manuellen Arbeitsschritt darstellt, können viele Tools diesen Vorgang vereinfachen.

Sollten Sie beispielsweise Ihr Backlog und Ihre Stories bereits in Jira pflegen und verwalten, können Sie ausgewählte Strories einfach einem Sprint zuweisen. So sehen Sie auch direkt, wie viele Storypoints diese insgesamt ausmachen, und können die Sprintplanung mit dem Tool anpassen, damit es ihrem Zielwert entspricht.

Schritt 5: Nachverfolgung und Pflege des Charts

Sobald die Daten eingepflegt und die Stories festgelegt sind, geht es an die tägliche Pflege des Charts. Dabei sind alle Entwickler selbst für die ihnen zugewiesenen Aufgaben verantwortlich. Am Ende eines jeden Arbeitstages sollten sie nochmals schätzen, wie viel Aufwand die Story noch verursachen wird. Nur so bleibt das Burndown-Chart immer aktuell.

Mit diesen Daten erstellt das System automatisch die Visualisierung. Alle wichtigen Informationen lassen sich dann ablesen.

Burndown-Chart interpretieren

Wie oben bereits angedeutet, kann ein Chart unterschiedliche Formen mit unterschiedlicher Aussagekraft annehmen. Damit Sie diese in Zukunft schnell und einfach interpretieren können, stellen wir Ihnen einige der gängigsten Möglichkeiten vor.

Treppe und Stagnation

Der Abbildung im Kapitel „Definition“ können Sie entnehmen, dass 2/3 der Ist-Linie als Treppenstufen verlaufen. Was bedeutet das?

Eine Ursache könnte in der fehlenden Pflege des Diagramms liegen. Wenn das Team beispielsweise nur alle paar Tage eine Aktualisierung vornimmt, sieht es so aus, als würde sich der Aufwand nicht verändern. Wenn dann eine Aktualisierung erfolgt, sinkt der Aufwand steil ab und verbleibt auf der Höhe bis zur nächsten Aktualisierung. Damit entstehen anstelle von klassischen Kurven die treppenförmigen Bewegungen.

Natürlich können auch Hindernisse und damit verbundene Unterbrechungen der Arbeit zu einer Stagnation führen, in dieser Häufigkeit ist aber eher von einer unregelmäßigen Aktualisierung auszugehen. Sollte sich jedoch trotz regelmäßiger Chart-Aktualisierungen eine Stagnation zeigen, sollten Sie sofort handeln. Dann müssen Sie alles daran setzen, die Ursache und eine Lösung für das Problem zu finden, damit das Sprintziel nicht in weite Ferne rückt.

Starke Abweichung von der Ideallinie und Abbruch

Die tatsächliche Kurve kann sowohl stark unter oder auch über der Ideallinie liegen. Dafür gibt es verschiedene Gründe.

Der Verlauf der Kurve sagt viel über den Projektfortschritt aus.

Kurve 1: neue Aufgaben

Das Team arbeitet die Aufgaben schneller ab und die Kurve bewegt sich zunächst unter der Ideallinie. Dies könnte auch auf eine Unterforderung des Teams oder eine Überschätzung der Stories hindeuten. Daraufhin werden neue Aufgaben in den Sprint hinzugegeben und die Kurve normalisiert sich wieder. Laut Scrum sollen Teams zwar keine neuen Aufgaben in einen aktuell laufenden Sprint hinzunehmen, in der Praxis kommt es dennoch hin und wieder vor.

Kurve 2: weniger Aufgaben

Anders sieht der Verlauf der Kurve 2 aus. Zwar stagniert die Abarbeitung nicht, es lassen sich jedoch auch kaum Fortschritte erkennen. Entweder hat das Team die Stories unterschätzt oder es deutet sich eine Überforderung an. Nach Entfernung einiger Aufgaben aus dem Sprint normalisiert sich die Kurve wieder und nähert sich der Idealkurve an.

Kurve 3: Sprintabbruch

Die Entwicklung der Kurve 2 hätte auch anders aussehen können. Kurve 3 zeigt, was passiert, wenn ein Team den Sprint abbricht, statt die Aufgaben zu reduzieren.

Tipps bei der Verwendung

Nun da Sie ein Burndown-Chart erstellen und auch interpretieren können, wollen wir Ihnen einige Tipps mit auf den Weg geben.

  • Sie können das Chart zur Fortschrittskontrolle heranziehen und für die Kommunikation mit dem Management nutzen. Es sollte aber auf keinen Fall als Druckmittel dienen, um die Leistung des Teams zu erhöhen.

  • Stellen Sie das Chart öffentlich aus, sodass alle es sehen können. Dadurch kann es als Motivator dienen.

  • Stellen Sie sicher, dass alle Teammitglieder das Burndown-Chart pflegen, damit seine Aussagekraft hoch ist.

  • Vergleichen Sie die Burndown-Charts mehrerer Teams miteinander. Es macht Spaß und bringt etwas Wettbewerb in die Arbeit. Das Beste daran: Die Teams können voneinander lernen und einander bei der Weiterentwicklung unterstützen.

Vor- und Nachteile

Die Verwendung eines Burndown-Charts bringt verschiedene Vor- und Nachteile mit sich:

Vorteile

  • leicht verständlich

  • Übersicht über verbleibenden Sprintaufwand

  • Ideallinie gibt eine gute Orientierung, ob das Team im Zeitplan ist oder nicht

  • Visualisierung mit einem Blick auf den aktuellen Stand

  • Prognose zur Fertigstellung der Arbeit möglich

  • Produktivität des Teams ist erkennbar

  • Chart kann der Stakeholderkommunikation dienen

Nachteile

  • die Ideallinie des Charts deutet an, dass ein Team mit gleichbleibendem Ressourcenaufwand an den Aufgaben arbeitet – in der Praxis schwankt dieser jedoch

  • das Chart ist ein Indikator und nicht absolut genau, da die Werte immer von den Schätzungen des Teams abhängen

  • der Kurvenverlauf gibt keine Ursachen für diesen an – die Gründe sind interpretationsbedürftig

  • nur ein bestimmter Teil des Projektverlaufs wird gezeigt

  • Einsatz erfordert gut definierte Aufgaben, die realistisch geschätzt sind

Alternativen

Neben dem Burndown-Chart gibt es weitere Diagramme, die als Kontrollinstrument dienen können. Einige stellen wir Ihnen nachfolgend vor:

Burn-Up-Chart

Ein Burn-Up-Chart zeigt im Gegensatz zum Burndown-Chart nicht den verbliebenen Restaufwand, sondern die bis dahin erledigten Aufgaben, also die Arbeit, die das Team bereits geleistet hat. Dementsprechend verläuft die Kurve beim Burn-Up Chart genau umgekehrt, nämlich von unten nach oben. Schließlich nimmt die erledigte Arbeit des Teams im Zeitverlauf zu.

Änderungen des Scopes lassen sich bei diesem Diagramm leichter umsetzen als beim Burndown-Chart. Eingesetzt werden kann das Burn-Up-Chart entweder ergänzend zum Burndown-Chart, oder als Ersatz dafür – je nachdem, welche Informationen das Team aus dem Diagramm ablesen möchte.

Cumulative Flow-Diagramm

Wenn Ihnen die Informationen vom Burndown-Chart nicht ausreichen, können Sie auf das Cumulative Flow-Diagramm zurückgreifen. Der Kurvenverlauf gleicht dem des Burn-Up-Charts, es sind jedoch mehrere Kurven auf einmal abgebildet.

So lassen sich Aufgaben abbilden, welche sich im Backlog, in Realisierung oder im Test befinden bzw. bereits erledigt sind. Je mehr Kurven das Diagramm abbilden soll, desto komplexer wird die Darstellung. 

Fazit

Das Burndown-Chart unterstützt die Steuerung agiler Projekte und erlaubt es, Restaufwände in zeitlicher Relation zu betrachten. Wie viele Aufgaben hat das Team bis zum XY-Termin „abgebrannt“? Nicht nur darauf lässt sich eine Antwort finden.

Es stellt einen Indikator dafür dar, ob ein Team über- oder unterfordert ist und zeigt die Produktivität eines Teams. Teams können ihre Burndown-Charts miteinander abgleichen, voneinander lernen und einander bei der Weiterentwicklung unterstützen. 

Mittlerweile gibt es zahlreiche Tools und Vorlagen, mit deren Hilfe Sie einfach und schnell ein solches Diagramm erstellen können. Am wichtigsten dabei ist: Das Team muss das Burndown-Chart regelmäßig pflegen, damit seine Aussagekraft erhalten bleibt.

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Anastasia Wranek hat Wirtschaftspsychologie studiert und mehrere Jahre als Projekt und Prozessmanagerin gearbeitet. Ihre Spezialgebiete liegen in der Organisations- und Personalentwicklung sowie im IT-Projektmanagement. Als freiberufliche Autorin schreibt sie hauptsächlich über die Themen Projektmanagement, Agilität und New Work.
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