Geschäftskonten im Test: Kontist

Gerade in der Selbstständigkeit müssen Sie schnell lernen, dass Ihr Umsatz keinesfalls Ihrem Einkommen entspricht. Denn von jedem Cent, den Sie einnehmen, müssen noch Steuern und Sozialabgaben abgeführt werden. Was einfach klingt, ist in der Praxis etwas komplizierter: Es widerspricht der Intuition, dass nicht alles Geld, das auf Ihrem Konto landet, auch Ihnen gehört, und erfordert deshalb ein gewisses Maß an Selbstkontrolle. Gut, dass es auch Geschäftskonten gibt, die diese Vorgänge einfacher machen. Eines davon ist Kontist.

Was ist Kontist?
Kontist* ist eine digitale Banking-Lösung für Selbstständige. Eine richtige Bank ist das 2016 in Berlin gegründete FinTech-Unternehmen nicht, weil es - im Gegensatz zu Online-Banken wie N26 - keine eigene Banklizenz besitzt. Dass Kontist dennoch alle Funktionen einer Bank bereitstellen kann, ermöglicht die Partnerschaft mit der solarisBank, die über eine vollwertige Banklizenz verfügt. Kontist liefert also das Online-Banking, die solarisBank das eigentliche Bankkonto.
Entstanden ist Kontist, wie viele Unternehmen, aus einem Problem heraus. CEO Christopher Plantener, der auch hinter dem Rechnungsprogramm Debitoor steckt, hatte als Selbstständiger immer wieder mit Banken gekämpft, deren Angebote aufs klassische Angestelltenverhältnis ausgelegt sind. Um auch Selbstständigen die völlige Sicherheit über ihre Einkünfte zu geben, nahm er Online-Banking einfach selbst in die Hand.
Das Herzstück der Kontist-Revolution für Selbstständige ist die automatische Steuerberechnung. Sie soll den Nettoverdienst für eine Unternehmergruppe, zu der allein in Deutschland immerhin mehr als vier Millionen Menschen zählen, genauso greifbar machen wie für Angestellte. Beim Banking möchte es Kontist aber nicht belassen: Künftig soll das FinTech-Startup auch andere Problembereiche, wie Versicherungen oder die Rente, für Selbstständige vereinfachen und mehr Flexibilität und Sicherheit bieten.
Die Bedürfnisse von Selbstständigen sind durchaus in vielen Institutionen unterrepräsentiert. Ob das Kontist-Geschäftskonto dazu beitragen kann, dies zu ändern, verrät unser Test.
Testbericht
Pro & Contra
automatische Steuerberechnung für bereinigten Nettoverdienst
benutzerfreundliche App
kostenlose Transaktionen im SEPA-Raum
keine Bargeld-Einzahlung möglich
Abhebungen kostenpflichtig
viele Funktionen noch im Entstehen (Lastschrifteinzug, Dispokredit)
Kontoeröffnung & Bedienung
Schneller als ein Gang zur Bank ist die Einrichtung bei Kontist allemal: Ein Konto haben Sie hier in wenigen Minuten erstellt. Dafür müssen Sie nur Ihre Basisdaten (Name, Geburtstag, E-Mail-Adresse, ...) angeben, woraufhin eine Überprüfung mit einem Video-Ident-Verfahren stattfindet. Sobald es erfolgt ist, erhalten Sie umgehend Zugriff auf Ihr Online-Banking.
Jenes ist in der Browser-Version leider bisher erst in der Beta-Phase. Das Interface ist deshalb nur auf Englisch verfügbar und nicht ganz so stimmig und benutzerfreundlich wie die App-Version.

Wichtige Funktionen wie die Überweisung oder Daueraufträge finden Sie dennoch auch im Beta-Dashboard ohne Probleme. Hier müssen sich Nutzer (Stand: April 2020) aber noch gedulden, bis eine ausgereifte Version in deutscher Sprache verfügbar ist.
Wesentlich einfacher geht es mit der App: Jene ist bereits voll entwickelt und sehr benutzerfreundlich. Gerade hier wird schnell klar, was Kontist besonders macht: Statt den eigentlichen Kontostand in den Fokus zu rücken, hebt das Programm hervor, wie viel von dem Geld auch wirklich Ihnen gehört. Einkünfte werden also auf die Kategorien "Konto", "Steuer" und "Umsatzsteuer" verteilt, damit Sie bei der nächsten Vorauszahlung keine böse Überraschung erleben. Die Steuersätze können Sie dabei selbst eingeben.
Mit Push-Benachrichtigungen werden Sie in der App stets über Zahlungseingänge und Abbuchungen informiert.

Eine Überweisung tätigen Sie bei Kontist mit wenigen Klicks. Dafür müssen Sie nur Namen, IBAN, Betrag und Verwendungszweck angeben. Sie können Überweisungen auch vorausplanen und sie ganz einfach als Dauerauftrag speichern.

Falls Sie eine noch umfassendere Buchhaltungs-Lösung suchen, können Sie Ihr Konto mit externer Software wie Debitoor, FastBill oder lexoffice verknüpfen. Für Letztere gibt es sogar einen extra-Tarif, der Online-Banking und Buchhaltung zusammenfügt. So werden beispielsweise Banktransaktionen direkt in die Konten der Buchhaltung integriert.
Insgesamt macht gerade die Kontist-App bereits einen hervorragenden Eindruck, während wir noch auf die vollwertige Browser-Lösung warten. Sollte sie auf einer Wellenlänge mit der mobilen Schwester liegen, steht auch der Bestnote nichts mehr im Weg - dafür ist es allerdings noch zu früh.
Note: 2,0
Zahlung & Funktionen
Jeder Kontist-Benutzer erhält eine virtuelle Mastercard, die in der Smartphone-App hinterlegt ist. Für Online-Einkäufe genügt diese digitale Karte, doch wenn Sie als Nicht-Premium-Kunde eine physische Kreditkarte dazubestellen möchten, müssen Sie dafür eine Jahresgebühr von 29€ berappeln. Eine Girocard gibt es nicht.
Wer seiner Willensstärke etwas auf die Sprünge helfen muss, kann sich in der App ganz einfach tägliche, wöchentliche oder monatliche Limits setzen. Auch Ihre PIN können Sie in wenigen Schritten manuell ändern, und falls Ihre Karte einmal gestohlen wird, müssen Sie nicht lange durch die Gegend telefonieren, sondern nur in der App die entsprechenden Angaben machen.
Das bisher größte Argument für ein Kontist-Konto ist die smarte Steuerberechnung, die nur im Premium-Tarif verfügbar ist. Jedes Mal, wenn Geld auf Ihrem Konto eingeht, berechnet das Programm in Echtzeit die Steueranteile und leitet sie automatisch an die entsprechenden Unterkonten weiter.

Transaktionen sind bei Kontist nur innerhalb des SEPA-Raums und in Euro möglich. In Fremdwährungen können Sie mit Kontist also leider nicht finanziell verkehren - auch nicht kostenpflichtig.
Leider fehlen auch an anderer Stelle manche Optionen, die konkurrierende Online-Banken längst bieten. Der Lastschrifteinzug bei Kunden ist derzeit etwa noch nicht möglich, und auch Google und Apple Pay sind noch nicht eingebunden. Beides sei allerdings fest geplant.
Weil Konten bei Kontist ausschließlich auf Guthabenbasis geführt werden, sind Überziehungen nicht erlaubt. Dafür wird derzeit an einem Dispokredit gearbeitet, der ebenfalls bald zur Verfügung gestellt werden soll.
Keine Filialen, kein Bargeld
Kontist ist ein reiner Online-Service, und noch dazu keine vollwertige Bank mit Lizenz. Filialen gibt es deshalb nicht. Dafür können Sie mit Ihrer Mastercard an Automaten weltweit Geld abheben, wofür allerdings eine Gebühr pro Abhebung berechnet wird.
Enttäuscht werden Selbstständige, die Bargeld-Einnahmen zu verbuchen haben: Jene sind bisher nicht möglich. Auch hier arbeitet Kontist allerdings an einer Lösung, für die es aber noch keinen Zeitrahmen gibt.
Insgesamt wird Kontist von fehlenden Features etwas zurückgehalten: Lastschrifteinzug, Bareinzahlung oder Dispokredit sind bei vielen Online-Banken längst Standard. Glaubt man den Support-Versprechen, wird dies auch bei Kontist bald der Fall sein. Bis dahin fehlt dem praktischen Steuerrechner in Online-Banking-Form aber der funktionale Unterbau, den man sich von einem Bankkonto erwartet.
Note: 3,0
Konditionen & Gebühren
Nur Freiberufler und Einzelunternehmer können als natürliche Personen ein Kontist-Konto eröffnen. Für juristische Personen oder Personengesellschaften ist dies bisher nicht möglich, wobei diese Option für die Zukunft nicht ausgeschlossen wird.
Tarife gibt es drei: Free, Premium und Duo. Nutzer der Gratis-Version können unbegrenzt SEPA-Überweisungen tätigen und erhalten eine virtuelle Mastercard, müssen aber auf alle Funktionen verzichten, die Kontist besonders machen.
Jene schalten Nutzer mit einem Premium-Account frei, der monatlich 9 € kostet und neben der virtuellen auch eine physische Kreditkarte enthält. Erst als Premium-Kunde können Sie mit der automatischen Steuerberechnung von Kontist Ihren steuerbereinigten Netto-Verdienst vom Rest trennen. Außerdem können Sie Steuervorauszahlungen durch die Einbindung des ELSTER-Steuerprogramms dynamisch anpassen und Buchhaltungssoftware wie lexoffice, Debitoor oder FastBill mit Ihrem Konto kombinieren.
Duo ist eine Paketlösung, mit der Sie Online-Banking von Kontist und Buchhaltung von lexoffice kombinieren. Letztere übernimmt die Erstellung und Verwaltung Ihrer Rechnungen und erfasst digitale Belege direkt bei jeder Kartenzahlung.
Eine Tarifübersicht finden Sie hier:
Free | Premium | Duo | |
---|---|---|---|
Einrichtungsgebühr | 0,00 € | 0,00 € | 0,00 € |
Grundpreis pro Monat | 0,00 € | 10,71 € | 15,47 € |
Vertragslaufzeit (Monate) | 0 | 1 | 1 |
Buchungen | |||
Preis pro Buchung | 0,15 € | 0,15 € | 0,15 € |
Buchungen inklusive | 10 | 10 | 10 |
Abhebungen | |||
Preis pro Abhebung (500 €) | 2,00 € | 2,00 € | 2,00 € |
Abhebungen inklusive | 0 | 0 | 0 |
Einzahlungen | |||
Einzahlungen möglich | 0 | 0 | 0 |
Preis pro Einzahlung (500 €) | 0,00 € | 0,00 € | 0,00 € |
Einzahlungen inklusive | 0 | 0 | 0 |
Kreditkarten | |||
Kreditkarten inklusive | 0 | 1 | 1 |
Kreditkarten-Anbieter | - | Mastercard | Mastercard |
Features | |||
Online Abschluss | |||
Deutsche Einlagensicherung | |||
Apple Pay | |||
Google Pay | |||
Echtzeitüberweisung | |||
Lastschrifteinzug | |||
Buchhaltungsschnittstelle | |||
Mögliche Unternehmensformen | Freiberufler Einzelunternehmen | Freiberufler Einzelunternehmen | Freiberufler Einzelunternehmen |
Tarife sind eine Sache. Wie viel Sie wirklich für Ihr Geschäftskonto bezahlen, hängt ganz davon ab, wie Sie es verwenden. Deshalb berechnen wir im Praxistest die Kosten für drei verschiedene Nutzungs-Szenarien:
- Szenario "Klein": wenige Buchungen und wenig Bargeldtransaktionen (für Freiberufler besonders typisch)
- Szenario "Groß": viele Buchungen, aber wenig Bargeldtransaktionen
- Szenario "Cash": viele Ein-und Auszahlungen
Szenario "Klein" | Szenario "Groß" | Szenario "Cash" | |
---|---|---|---|
Anzahl Buchungen | 50 | 1000 | 100 |
Einzahlungen Bargeld | 0 | 0 | 20 |
Auszahlungen Bargeld | 2 | 5 | 10 |
PREIS | €4,00 | €10,00 | - |
Weil Kontist bisher keine Bargeld-Einzahlungen anbietet, erübrigt sich das Szenario "Cash". In den anderen beiden Nutzungs-Szenarien halten sich die Kosten gering, weil Sie nur für Abhebungen bezahlen, und dafür jeweils nur 2€. Solange sich die Abbuchungen im Rahmen halten, zählt Kontist damit zu den günstigsten Geschäftskonten auf dem Markt.
Note: 1,3
Support
Im Hilfebereich von Kontist warten mehrere Content-Sammlungen, in denen Support-Mitarbeiter transparent Anleitungen schreiben und häufig gestellte Fragen beantworten. Die Artikel werden zudem regelmäßig aktualisiert; eine Suchfunktion gibt es natürlich ebenfalls. Auf die meisten unserer Fragen fanden wir so schnell eine Antwort und wussten dazu, ob und wie aktuell jene ist.
Direkten Kontakt können Sie telefonisch und per E-Mail aufnehmen.

Am Telefon sprachen wir bereits nach etwa 20 Sekunden mit einer freundlichen Mitarbeiterin, die unsere Fragen geduldig beantwortete. Nach unserer ersten Anfrage per E-Mail hingegen erhielten wir zunächst leider kein Lebenszeichen vom Kontist-Support. Nach einer Rückfrage hatten wir jedoch bereits vier Stunden später eine Antwort in unserem Postfach.
Note: 2,0
Fazit
Kontist ist ein vielversprechender Game Changer im Online-Banking für Selbstständige, der seine Revolution aber gerade erst begonnen hat. Die automatische Steuerberechnung funktioniert gut und vereinfacht Freiberuflern den Überblick über ihre Nettoverdienste enorm. Weil Transaktionen gebührenfrei sind, halten sich auch die Kosten gering, und Sie bezahlen neben dem Abonnement im Premium-Tarif ausschließlich für Abhebungen. Praktisch sind auch die Einbindungen von Buchhaltungs-Software wie lexoffice und FastBill, die Ihre finanzielle Verwaltung vereinheitlichen.
Vom Software-Kern abgesehen steckt Kontist in vielerlei Hinsicht und im Vergleich zu anderen Online-Banken jedoch noch in den Kinderschuhen. Während die Smartphone-App bereits ausgereift und benutzerfreundlich ist, ist die Browser-Version noch in der Beta-Phase. Ohne Bareinzahlung, Lastschrifteinzug oder Dispokredit fehlen zudem einige Funktionen, die andernorts längst Standard sind - doch an fast allen Mängeln scheint man bereits zu arbeiten. Wer auf diese Leistungen in der Zwischenzeit verzichten kann und den "Netto-vom-Brutto"-Prozess endlich automatisieren möchte, sollte auf jeden Fall einen Blick riskieren.

Erfahrungen
Kontist schafft es im Durchschnitt der von uns erfassten Review-Aggregatoren auf eine "gute" Note. Viele Nutzer loben die Transparenz, die durch das steuerbereinigte Unterkonto geschaffen wird. Auch die einfache Bedienung ist in den Augen vieler Rezensenten ein großes Plus. Gelegentliche Kritik kommt von Nutzern, die eine schlechte Erfahrung mit dem Support hatten.
Alternativen
Unseres Wissens nach ist das Kontist-Feature der Steuerbereinigung einzigartig. Wenn es nicht automatisch gehen muss, können Sie aber auch mit anderen Geschäftskonten ein ähnliches Ergebnis erzielen, sofern sie Unterkonten anbieten. N26 beispielsweise ermöglicht auch im kostenlosen Tarif die Verwaltung verschiedener "Spaces". Indem Sie neben Ihrem Hauptkonto je einen "Space" für Einkommens- und Umsatzsteuer anlegen und die Beträge nach jeder Überweisung entsprechend verteilen, können Sie auch mit geringem Aufwand ein Netto-Konto anlegen.
Weitere Alternativen zum Kontist-Geschöftskonto finden Sie hier:





Häufige Fragen & Antworten
Kontist is keine Bank und verfügt über keine eigene Banklizenz. Das Bankkonto kommt durch eine Partnerschaft mit der solarisBank zustande, für das Kontist die Online-Banking-Benutzeroberfläche übernimmt.
Nein, die Bargeldeinzahlung ist bei Kontist bisher nicht möglich. Ein entsprechendes Feature sei aber für die Zukunft geplant.
Kontist kommt bisher ausschließlich für Freiberufler und Einzelunternehmer in Frage, juristische Personen oder Personengesellschaften können kein Konto eröffnen.
Nein, wenn Sie bei Kontist ein Konto eröffnen, findet keine Abfrage oder Meldung bei einer Wirtschaftsauskunft statt.
