Datenschutz & Privatsphäre

Tor und Tor Browser: Anonymität im Netz?

Letzte Aktualisierung
3. Juni 2024

„Nutzt Tor“, schlug Edward Snowden einst FBI-Mitarbeitenden auf Twitter vor, um ihre privaten Konversationen zu schützen. Snowden weiß, wovon er spricht: Seine Enthüllungen über die Überwachungspraktiken des US-Geheimdienstes haben ihn ins Exil gezwungen. Datenschutz-Aktivisten fordern den Friedensnobelpreis für seine Enthüllungen – Gegner sogar die Todesstrafe.

Tor kann also über Leben und Tod für Journalisten oder Regimekritiker entscheiden, die damit ihre Nachrichten in autoritären Staaten verschlüsseln. Doch auch für viele andere Menschen, denen Datenschutz und Privatsphäre wichtig sind, empfiehlt es sich, zumindest über die verschiedenen Optionen der Anonymisierung im Netz Bescheid zu wissen. Und kaum ein Programm anonymisiert so effektiv wie Tor.

Was ist Tor?

Tor, kurz für „The Onion Router“, wurde ursprünglich für die US-Navy entwickelt, um deren Kommunikationen geheim zu halten. Es handelt sich um ein Programm, das Ihre Kommunikation im Internet anonymisiert, indem es Ihren Datenverkehr durch ein Netzwerk von Knotenpunkten, sogenannten Tor-Relais, lenkt.

Stellen Sie sich vor, Sie möchten jemandem einen Brief senden. Sie schreiben Ihre Botschaft und die Adresse auf den Briefumschlag, doch statt ihn direkt in die Post zu geben, stecken Sie ihn in eine abschließbare Dokumentenbox, für die nur eine Person den Schlüssel hat.

Diese Box wiederum stecken Sie in eine größere Box, für die eine andere Person den einzigen Schlüssel hat. Diesen Vorgang wiederholen Sie mehrere Male. Ihr Brief und seine Botschaft sind nun nach dem Prinzip der asymmetrischen Verschlüsselung durch mehrere Ebenen geschützt – wie durch Schichten einer Zwiebel.

So ungefähr beschützt Tor Ihre Kommunikation im Netz.

Tor vs. Tor Network vs. Tor Browser?

Der Begriff „Tor“ wird für verschiedene Komponenten desselben Systems verwendet, was für Verwirrung sorgen kann. Dabei ist es eigentlich ganz einfach:

Tor ist der Name des Programms an sich.

Das Tor Network beschreibt das Netzwerk von Tor-Relais, das von Freiwilligen auf der ganzen Welt betrieben wird.

Der Tor Browser ist im Prinzip eine auf maximalen Datenschutz vorkonfigurierte Version von Mozilla Firefox.

Der Browser ist die bekannteste Tor-Komponente, und in der Regel ist von diesem die Rede, wenn Menschen über Tor sprechen.

Unterschied zwischen Tor und VPN

Tor ist nicht die einzige Methode, Datenverkehr im Netz bis zu einem gewissen Grad zu verbergen. Vielleicht denken Sie bereits an ein anderes Akronym mit drei Buchstaben: VPN (Virtual Private Network).

Ein VPN leitet Ihren Datenverkehr über verschlüsselte Server von Drittanbietern um und schützt so Ihre Privatsphäre. Anders als Tor, das mit einem großen Netzwerk operiert und Datenverkehr durch mehrere Schichten verschlüsselt, handelt es sich bei jedem VPN um ein Einzel-Unternehmen, dem Sie vertrauen müssen.

Weil es zahlreiche VPN-Anbieter mit unterschiedlichen Funktionen und Qualitäten gibt, gestaltet sich ein direkter Vergleich der beiden Anonymisierungs-Methoden schwierig. Dennoch gibt es ein paar allgemeine Unterschiede, die Sie für Ihre Entscheidung berücksichtigen sollten.

Tor

VPNs

Kosten

kostenlos und werbefrei

meist kostenpflichtig, Gratis-VPNs sind eingeschränkt

Performance

aufgrund der Schicht-Struktur langsamer als VPNs

schneller als Tor (siehe unser Speedtest der VPNs)

Verschlüsselung

Starke Verschlüsselung der IP-Adresse über mehrere Knoten hinweg

Effiziente Verschlüsselung, aber meist nur über einen Knoten (es gibt aber VPNs mit Multi-Hop-Features)

Bedienung

angelehnt an Firefox und einfach zu bedienen

intuitive VPN-Apps

Browser-abhängig

Ja: Sie sind für alle Aktivitäten im Netz auf den Tor-Browser angewiesen

Nein: Die VPN-Verbindung gilt auch außerhalb des Browsers

Sicherheit

Hoch, weil Tor von einem großen Netzwerk von Freiwilligen betrieben wird

Stark vom individuellen Anbieter abhängig

Sonstige Funktionen

Keine

Praktische Extras – z. B. Austricksen von Geoblocking für Streaming

Was nun – Tor oder VPN?

Für ultrasensible Kommunikationen – beispielsweise für Journalisten, Whistleblower oder Regimekritiker – ist Tor vermutlich die beste Wahl. Ein VPN hilft ebenfalls dabei, Ihre Online-Aktivitäten zu verbergen, ist aber in der Praxis vor allem zum Umgehen von Ländersperren interessant: Sie können damit etwa Streaming-Inhalte anderer Länder freischalten oder Chinas Great Firewall überqueren.

Natürlich können Sie Tor und VPNs auch kombinieren. Dies kann die Sicherheit noch maximieren – birgt aber neue Herausforderungen.

Andere Browser für maximale Sicherheit

Tor ist nicht der einzige Browser, der auf Datenschutz und Sicherheit setzt. Über das umfassende „Onion Routing“-Netzwerk von Tor verfügt keiner der Konkurrenten, ein Blick auf unseren großen Privacy Browser-Vergleich lohnt sich dennoch.

Wie benutze ich den Tor-Browser?

Wenn Sie beschlossen haben, Ihren Datenverkehr mit dem Tor Browser zu schützen, können Sie das Programm auf der Webseite von Tor Project herunterladen. Es ist für Windows, macOS und GNU/Linux in 25 Sprachen verfügbar.

Schritt 1: Besuchen Sie die Tor-Website und wählen Sie den passenden Download für Ihr Betriebssystem aus.

Starten Sie den Download.

Schritt 2: Wählen Sie einen Zielordner, in dem Sie die Tor-Dateien speichern möchten, und installieren Sie das Programm wie jedes andere auch.

Installieren Sie Tor.

Schritt 3: Öffnen Sie das eben installierte Programm. Wenn Sie weitere Einstellungen vornehmen möchten, beispielsweise weil Sie Tor mit einem Proxy-Server verwenden, klicken Sie auf „Konfigurieren“. In der Regel genügt jedoch ein Klick auf „Verbinden“ – und schon erhalten Sie Zugriff zum Netzwerk von Tor.

Jetzt müssen Sie sich nur noch verbinden.

Schritt 4: Beim Start von Tor müssen Sie sich eine Weile gedulden, bis der Browser eine Verbindung zum Netzwerk aufgebaut hat. Beim allerersten Start kann es sogar einige Minuten dauern. Doch wenn die Verbindung erst steht, öffnet sich der Browser schnell.

Weil der Tor-Browser auf Mozillas Firefox basiert, ist die Bedienung unkompliziert.

Schritt 5: In den Sicherheitseinstellungen können Sie die für Sie richtige Balance zwischen Datenschutz und Funktionalität finden. Voreingestellt ist der Tor Browser auf die niedrigste der drei Sicherheitsstufen (was aber im Vergleich zu herkömmlichen Browsern immer noch hohen Schutz verspricht). Höhere Stufen beeinträchtigen beispielsweise JavaScript und HTML5-Medien.

Wählen Sie eine Sicherheitsstufe.

Fazit: Tor – mehr als ein Browser

Tor ist ein Netzwerk zur Anonymisierung Ihres Internetverkehrs. Wenn Sie mit dem Tor-Browser surfen, werden Ihre Daten durch mehrere Server weltweit umgeleitet und verschlüsselt, was es nahezu unmöglich macht, Ihre Aktivitäten zurückzuverfolgen. Deshalb ist Tor für viele Regimekritiker, Journalisten und Whistleblower, die ihre Kommunikation schützen müssen, unverzichtbar.

Wenn Sie jedoch hauptsächlich Ihre IP-Adresse verbergen oder Geosperren umgehen möchten, um beispielsweise Streaming-Dienste freizuschalten oder Internetzensur zu umgehen, könnte ein VPN ausreichend sein.

Martin ist seit über acht Jahren freiberuflicher Texter im B2B-Bereich und spezialisiert sich auf technische Fallstudien für Tech-Unternehmen wie Google Cloud. Er lebt in London und betreibt dort seine eigene Firma, GSCRIBE, die sich auf Customer Success Stories und Employer Branding fokussiert. Bei EXPERTE.de teilt er sein Wissen über Software und Strategien, die Selbstständigen dabei helfen, ihre Geschäftsprozesse zu optimieren und effizienter zu arbeiten.
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